Ebensolch Rez-E-zine

 09/04

 
 

© 2003 Strohschneider-LaueNon-Fiction

Buch

Gabriele Habinger

Ida Pfeiffer. Eine Forschungsreisende des Biedermeier.

Feministische Theorie Band 44

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Milena Verlag 2004, 248 S., 16 Farb-, 11 sw-Abb.

€ 17,90, CHF 30,80

ISBN 3 85286 114 4

Rezension

Die im Jahr 1797 in Wien geborene Ida Pfeiffer war eine der großen Reisenden des 19. Jahrhunderts. Jener Zeit als man weiblicher Mobilität ablehnend gegenüberstand, den Frauen sowohl die Fähigkeit zu Reisen als auch wissenschaftlich zu denken absprach und ihnen in der Folge jegliche wissenschaftliche Ausbildung verwehrte. Angesichts dieser gesellschaftlichen Widerstände, die von Ida Pfeiffer überwunden werden mussten, sind ihre Leistungen umso beeindruckender. Sie drang in entlegene, oft unerforschte Gebiete vor und trotzte den Elementen. Widrige Umstände konnten sie nicht abschrecken, selbst angesichts von Überfällen behielt sie die Nerven. Immer wieder bewies sie Ausdauer, Mut und Durchsetzungskraft. Doch damit nicht genug. Aus Forscherdrang, und um sich ihre Reisen zu finanzieren, sammelte Ida Pfeiffer naturkundliche und ethnografische Objekte und beschaffte damit der Wissenschaft wesentliche Grundlagen. Heimgekehrt berichtete sie in zahlreichen Büchern von ihren Erlebnissen und Eindrücken - zur Freude einer großen Leserschaft.

Was bewog Ida Pfeiffer dazu sich derartigen Strapazen zu unterziehen? Woher kamen Reiselust und Forscherdrang?

Gabriele Habinger durchkämmte Archive, Bibliotheken und Museen auf der Suche nach biographischen Details zum Leben Ida Pfeiffers. Die gewonnenen Erkenntnisse setzt sie in ihrem Buch in Beziehung mit der Situation der bürgerlichen Frau im 19. Jahrhundert. Ihre Betrachtungen sind erhellend: Schon als Mädchen träumte Ida Pfeiffer, die bis zu ihrem 9 Lebensjahr unkonventionell gemeinsam mit ihren Brüdern erzogen wurde, vom Reisen. Doch nach dem Tod des Vaters schlug erst einmal die harte Realität des Frauenalltags zu. Idas Mutter war fest entschlossen das aufgeweckte Mädchen in das strenge Korsett der bürgerlichen Frau zu pressen, deren einzige Bestimmung die Rolle der treusorgenden Gattin, Hausfrau und Mutter war. Es folgten Auflehnung und eine von der Mutter erzwungene Ehe, die scheiterte. Um die zwei Söhne musste sich Ida Pfeiffer allein kümmern. Frauenschicksal eben. Erst als ihre Kinder auf eigenen Füßen standen und sie ihre Ehe- und Mutterpflichten erfüllt hatte, konnte Ida Pfeiffer endlich im März 1842, im Alter von 45 Jahren, ihren Jugendtraum verwirklichen und ihre erste große Reise antreten. Danach gab es kein Halten mehr. Rastlos versuchte sie in den folgenden 16 Jahren Versäumtes nachzuholen. Nach der Pilgerreise ins Heilige Land, brach Ida Pfeiffer nach Skandinavien und Island auf. Es folgten zwei Weltreisen, die sie nach Süd- und Nordamerika, Tahiti, China, Indien, den Inseln des Malaischen Archipels und Mesopotamien brachten. Dazu kamen zahlreiche kleinere Reisen innerhalb Europas, um Kontakte mit führenden Wissenschaftlern zu pflegen. Im Mai 1856 brach Ida Pfeiffer nach Madagaskar auf. Es sollte ihre letzte große Reise sein. Völlig geschwächt kehrte sie 1858 nach Wien zurück, wo sie wenige Tage nach ihrem 61. Geburtstag verstarb.

Gabriele Habinger spürt der Motivation Ida Pfeiffers nach und analysiert, wie sie sich in ihren Reiseberichten mit den fremden Kulturen auseinandersetzt. Das Kapitel über Ida Pfeiffer als Forschungsreisende zeigt, in welch schwierigem Spannungsfeld von Weiblichkeit und Wissenschaft Ida Pfeiffer als Sammlerin und Forscherin operierte und mit welch geringer Unterstützung (von Forschungsgeldern gar nicht zu reden) sie rechnen konnte - obwohl sie als "Zulieferin" bedeutenden Museen Tausende Objekte verschaffte. Der Abschluss des Buches zeigt wie bescheiden die Anerkennung, die Ida Pfeiffer zuteil wurde, ausfiel.

Die Person Ida Pfeiffer fasziniert, die Einstellung einer Gesellschaft, die jemanden mit einem solchen Potential nicht fördert, bestürzt. Ein Buch, das keine Leserin und keinen Leser unberührt lassen wird.

© Ch. Ranseder

© 2003 Strohschneider-Laue Essenz

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