Ebensolch Rez-E-zine

 37+38/07

© 2003 Strohschneider-LaueNon-Fiction

Buch

Eberhard König

Die Bedford Hours. Das reichste Stundenbuch des Mittelalters

Bedford Hours

Theiss2007, 144 S. mit zahlr. Farbabb.

€ 29,90*

ISBN 978 3 8062 2089 6

Rezension

Die British Library in London ist im Besitz einer der schönsten Handschriften der Welt: MS Add. 18850, das Stundenbuch der Anna von Burgund und des John of Lancaster, Herzog von Bedford. Jede Seite des mit über 1200 Bildern sowie üppigen Bordüren aus Dornblatt und Akanthus prunkvoll illuminierten Stundenbuches ist ein visuelles Erlebnis. Heute vermögen allerdings nicht die in den Bildern erzählten Geschichten, sondern die hohe künstlerische Qualität der Buchmalerei und die offenkundige Liebe zum dekorativen Detail den Blick zu fesseln. Glücklicherweise geizt das im Theiss Verlag erschienene Buch "Die Bedford Hours" nicht mit Abbildungen. Es ist eine Freude, die farbenfrohen, figurenreichen Bilder der Bedford Hours für sich zu entdecken. So komplex wie ihr Bildprogramm ist auch die Entstehungsgeschichte der exquisiten Handschrift. Ursprünglich in Paris von unbekannten Bestellern in Auftrag gegeben, wurde das Stundenbuch im Lauf des ersten Drittels des 15. Jahrhunderts in mehreren Etappen fertig gestellt. Viele Menschen waren an der Herstellung der opulent ausgestatteten Handschrift beteiligt. Der Löwenanteil der malerischen Ausschmückung wurde jedoch von einem unbekannten Künstler, der den Notnamen "Bedford-Meister" erhielt, bestritten. Sein Stil prägt die Bedford Hours. Von ihm stammen auch die Bilder des Herzogs von Bedford und seiner Gemahlin Anna von Burgund, in deren Besitz das Stundenbuch gelangte. 1430 schenkten sie es König Heinrich VI. Damit der Knabe die Bilder auch verstand, wurden nachträglich Erklärungen in goldener und blauer Schrift am unteren Rand der Seiten hinzugefügt.

Ausgehend von einem Schreibfehler und der Darstellung der Heiligen Nacht in verschneiter Landschaft begibt sich Eberhard König auf die Suche nach dem Erfinder des Bedford-Stils. Mithilfe

minutiöser kunsthistorischer Vergleiche zwischen den Bedford Hours und anderen Handschriften versucht er Herkunft und Werdegang des Bedford-Meisters zu klären. Im Zuge dessen werden Gesamteindruck, Struktur, Seitenaufbau und Bilderschmuck des Londoner Stundenbuches einer gründlichen Analyse unterzogen. Ein eigenes Kapitel ist den Bildnissen des Herzogpaares, den Wappendarstellungen und den mit der Übergabe an Heinrich VI. stehenden Veränderungen gewidmet. Die Vorstellung der wichtigsten Bildseiten der Bedford Hours nimmt das letzte Drittel des Buches ein.

Eberhard König ist mit "Die Bedford Hours" eine gelehrte, akribisch recherchierte Abhandlung gelungen. Studenten der Kunstgeschichte werden ihm dafür dankbar sein. Leserinnen und Lesern, die sich nicht hauptberuflich mit Handschriften befassen, verlangt der Text allerdings einiges an Durchhaltekraft ab. Und das nicht nur, weil die räumliche Distanz zwischen Textstelle und relevanter Abbildung oftmaliges Blättern nötig macht, um Vergleiche oder Bildbeschreibungen nachvollziehen zu können. So lobenswert es auch ist, ein grandioses Werk der Buchkunst wie die Bedford Hours einem größeren Publikum zugänglich zu machen, mit hochqualitativen Abbildungen ist es dabei nicht getan. Objekte sprechen nicht, das ist in Museumskreisen mittlerweile bekannt. Ebensowenig erschließen sich Texte hochqualifizierter Spezialisten von selbst. Manchmal geht es nicht ohne Fachjargon. Doch dann sollte der Leserschaft zwecks besseren Verständnisses zumindest das Instrumentarium in die Hand gegeben werden, um ihn zu Entschlüsseln. Im Fall des Buches "Die Bedford Hours" hätten bildungswillige Leserinnen und Leser, die weder Zeit noch Lust haben Lexika zu konsultieren, von einem Glossar profitiert. Die ultimative Serviceleistung hätte darin bestanden, den Aufbau der Handschrift in Anlehnung an heute von Buchgestaltern eingesetzten Ausschießschemata zu visualisieren. Aber vielleicht ist das zuviel verlangt. Für den Liebhaber von Buchmalerei ist die stattliche Publikation "Die Bedford Hours" ohnehin unentbehrlich.

© Ch. Ranseder 10. Mai 2007

© 2003 Strohschneider-Laue Essenz

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